Mitgeteilt von ÖKF Fishlife, Text und Darstellung: © ezb -TB Zauner GmbH, Pressemitteilung Landesfischereiverband NÖ
Weniger Wellen, mehr Fischbrut – Auswirkungen des schifffahrtsbedingten Wellenschlags auf das Jungfischaufkommen in der Donau
Vergleich von Jahren mit und ohne pandemiebedingten Verkehrsbeschränkungen; (2023)
EZB; DI Dr. Gerald Zauner; Mag. Michael Jung; Mag. Clemens Ratschan ; DI Martin Mühlbauer
Auftraggeber: NÖ Landesfischereiverband & OÖ Landesfischereiverband
Die Studie ist downloadbar unter https://www.noe-lfv.at
Was auf den ersten Blick absurd klingt, ergibt bei näherer Betrachtung durchaus Sinn: während der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 fand auf der Donau nur eine sehr eingeschränkte Personenschifffahrt statt. Im Rahmen einer vom Oö. und Nö. Landesfischereiverband finanzierten Studie wurden die Auswirkungen der stark verringerten Schifffahrt bzw. des verringerten Wellenschlags auf das Jungfischaufkommen untersucht.
Die negativen Auswirkungen des schifffahrtsbedingten Wellenschlags auf Jungfische sind bereits seit langem bekannt. Durch die Maßnahmen zur Verkehrsbeschränkung im Zuge der Coronapandemie bot sich nun aber die einzigartige Möglichkeit, das Potential des Donau-Hauptstroms als Jungfischhabitat mit stark reduziertem Wellenschlag zu untersuchen, da die Passagierschifffahrt im Jahr 2020 auf 14 % und im Jahr 2021 auf 25 % des Vor-Corona-Niveaus zurückging. Im Rahmen dieser Studie wurden Jungfischerhebungen in der Stauwurzel des Kraftwerks Aschach (Bereich Engelhartszell) in den beiden Corona-Jahren 2020/2021 sowie als Referenz mit „normaler Wellenschlagbelastung“ 2022 durchgeführt. Aus der Wachau (Bereich Rossatz) liegen Daten aus 2014, 2017, 2020 und 2022 vor.
Bei der angewendeten Methode (point abundance Erhebung) handelt es sich um eine spezielle Form der Elektrofischerei, bei der gezielt frühe Jungfischstadien gefangen werden können. Die Befischung erfolgt unter Anwendung einer hohen Spannung und durch punktweises Setzen einer kleinen Anode mit anschließendem Keschern der im elektrischen Feld befindlichen Fische.
Grundsätzlich sind Jungfischdichten in einem großen Fluss starken Schwankungen ausgesetzt. Die meisten Donaufische laichen bekanntlich im Frühjahr, weshalb in der Regel im Juni die höchsten Jungfischdichten feststellbar sind. Früh laichende Arten wie Hasel und Nase haben dann in der Regel bereits 25-30 mm Länge erreicht, während von den spät laichenden Arten wie Barbe, Aitel und Laube zu dieser Zeit hauptsächlich frühe Larvenstadien nachweisbar sind. Im weiteren Jahresverlauf nehmen die Jungfischdichten ab, da einerseits Jungfische einer hohen Mortalität unterliegen und andererseits größere, schwimmstärkere Jungfische nicht mehr obligatorisch auf die unmittelbaren Uferbereiche beschränkt sind. Darüber hinaus treten starke Unterschiede zwischen einzelnen Jahren auf, was natürlicherweise vorwiegend auf das Ausmaß und den Zeitpunkt von Hochwässern zurückzuführen ist.
Im Untersuchungsgebiet Engelhartszell konnten im Juni 2020 ungewöhnlich hohe Jungfischdichten festgestellt werden. Diese betrugen an natürlichen Kiesufern fast das Achtfache des Referenzjahres 2022 (Abbildung 1). Zusätzlich zum stark reduzierten Wellenschlag handelte es sich 2020 auch um ein hydrologisch sehr günstiges Jahr mit einer ausgeprägten Niedrigwasserphase zwischen Ende März und Mitte Juni. Im Juni 2021 betrug die Jungfischdichte das Doppelte des Referenzjahres 2022, obwohl es sich um ein hydrologisch ungünstiges Jungfischjahr mit hohen Wasserführungen von Mitte Mai bis Anfang Juli handelte. Im Referenzjahr 2022 war die Hydrologie wiederum günstiger für die Reproduktion der Donaufische, nichtsdestotrotz war die Jungfischdichte in diesem Jahr mit wieder „normaler“ Schifffahrtsintensität deutlich geringer als in den vorangegangenen beiden Jahren.
Abbildung 1: Jungfischdichten (nur 0+ Cypriniden) entlang von Kiesbänken im Bereich Engelhartszell. Alle Befischungen erfolgten im Juni des jeweiligen Jahres. Türkis … stark verringertes Schifffahrtsaufkommen aufgrund von Covid-19.
Insgesamt zeigt sich ein maßgeblicher Einfluss des Wellenschlags auf das Jungfischaufkommen, der natürliche Effekte wie die Hydrologie überlagert. Zwar können in einem gewissen Umfang durch großräumige Renaturierungsmaßnahmen wellenschlaggeschützte Juvenilhabitate geschaffen werden und sowohl im Bereich Engelhartszell als auch in der Wachau ist durch solche Maßnahmen bereits eine gewisse Erholung der Fischbestände eingetreten. Intakte Fischbestände lassen sich in der Donau aber nur dann effektiv wiederherstellen, wenn auch Habitate im Hauptstrom für Jungfische entsprechend nutzbar sind. Die Reduktion des schifffahrtsbedingten Wellenschlags, insbesondere in sensiblen Zeiträumen und Flussabschnitten, ist daher nicht nur aus Sicht des Natur- und Tierschutzes, sondern auch im Sinne der Zielerreichung nach der Wasserrahmenrichtlinie unumgänglich.
Im Untersuchungsgebiet Wachau wurden vor der Corona-Pandemie im Hauptfluss durchwegs deutlich geringere Jungfischdichten festgestellt als in wellenschlaggeschützten, durchströmten Nebenarmen. So betrug die Jungfischdichte in den Nebenarmen im Juni 2014 mehr als das Dreifache und im Juni 2017 sogar fast das Neunfache des Hauptstroms. Im Juni 2020 kehrte sich dieses Verhältnis plötzlich um, mit fünffach höheren Dichten im Hauptstrom als in Nebenarmen, das heißt, dass in einem Jahr mit geringer Wellenschlagintensität die Jungfischhabitate speziell auch im Hauptstrom sehr gut nutzbar waren. Im Juni 2022 hatte sich die Situation wieder „normalisiert“, mit extrem geringen Dichten im Hauptstrom.
Text und Darstellung: © ezb -TB Zauner GmbH
Pressemitteilung Landesfischereiverband NÖ
Die Studie ist downloadbar unter https://www.noe-lfv.at
Hintergrundfoto: _DSC0249_Jungfische_Donau, © ezb -TB Zauner GmbH