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Der Sommer steht vor der Tür. Es wird also höchste Zeit für einen Frühjahresrückblick im Projekt BODDENHECHT. Wir waren rund um Rügen auf der Suche nach Laichplätzen und haben auch noch andere Daten gesammelt, um weitere Geheimnisse der Boddenhechte zu lüften.
Und wir haben weitere Erkenntnisse national, international oder auch „nur“ in den sozialen Medien publiziert – zu Wanderstrecken von Senderhechten, zur genetischen Verwandtschaft unterschiedlicher Teilpopulationen der Hechte, zu unserem ersten internationalen Symposium zu Ostseehechten und zu Ursachen von Fischer-Angler-Konflikten am Beispiel der Bodden – , haben Team-Zuwachs bekommen, durften die Verteidigung einer Masterarbeit feiern und haben uns Euren Fragen auf der Fishing Masters Show in Rostock gestellt.
Viel Freude beim hoffentlich kurzweiligen Projekt-Update wünschen
Dominique Niessner, Robert Arlinghaus und das gesamte BODDENHECHT-Team
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Feldarbeit Frühjahr 2022
Dieses Frühjahr waren wir zur Hecht-Laichzeit mit zwei Teams an den Bodden rund um Rügen unterwegs. Während das eine Team fünf Wochen lang an verschiedenen Standorten Daten für drei Masterarbeiten innerhalb des BODDENHECHT Projekts sammelte und mit verschiedenen Fanggeräten die Fischgemeinschaftszusammensetzung innerhalb und außerhalb von Schutzgebieten (natürlich alles in Absprache mit den Behörden und mit Sondergenehmigungen) untersuchte, war das andere Team an ausgewählten Boddenzuflüssen Elektrofischen, um zu schauen, ob die markierten Hechte von letztem Jahr in ihre Laichflüsse zurückkehren, um Proben zur Untersuchung der Verwandtschaftsverhältnisse der Boddenhechtbestände zu sammeln und um neue Hechte für die Fang-Wiederfang-Studie zu markieren.
Unter anderem versuchen wir in Zusammenarbeit mit der AG Ökologische Genomik von Prof. Dr. Arne W. Nolte an der Universität Oldenburg über genetische Analysen die Verwandtschaftsverhältnisse der Hechte in den verschiedenen Bodden zu klären und auch sogenannte „Marker“ (eindeutig identifizierbare, kurze DNA-Abschnitte, deren Ort im Genom bekannt ist) für die Geschlechter zu finden. Hierfür begleitete uns auch Viktor de Oliveira (Masterstudent in der AG von Prof. Dr. Nolte) – er schreibt seine Abschlussarbeit zu diesem Thema und half uns in der Laichzeit, Flossenproben für die DNA-Untersuchung von Hechten zu sammeln, bei denen wir dank vorsichtigem Abstreifens sicher das Geschlecht bestimmen konnten. Die ersten Ergebnisse aus den Verwandtschaftsuntersuchungen der Boddenhechtbestände sind im nachfolgenden Abschnitt dargestellt und erklärt. Also einfach weiterlesen!
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Neue Einsichten in die Verwandtschaftsverhältnisse der Boddenhechtbestände um Rügen
Dies ist ein erster Stammbaum zu den Verwandtschaftsverhältnissen der Hechtbestände um Rügen, den wir in Zusammenarbeit Dr. Stefan Dennenmoser aus der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Arne Nolte von der Universität Oldenburg auf der Grundlage von hochaufgelösten DNA-Analysen erstellt haben. Je näher die Arme der Teilpopulationen in dem Stammbaum zusammen sind, desto enger sind die entsprechenden Hechte miteinander verwandt bzw. desto ausgeprägter ist der sogenannte Genfluss über bspw. wandernde Hechte.
In dem Stammbaum sind zwei entscheidende Dinge zu sehen:
1. Die Hechte um Rügen/Usedom und Hiddensee sind nach dem Salzgehalt in Teilpopulationen strukturiert: Gewässer im salzarmen Oderästuar wie Stettiner Haff oder Peenestrom sind genetisch deutlich getrennt von den salzhaltigeren anderen Bodden wie Greifswalder Bodden (GB), Barther Bodden/Grabow, Westrügen (Schaproder BoddenSB/ Kubitzer Bodden KB) oder Nordrügen (Großer Jasmunder Bodden, GJB); der Greifswalder Bodden (GB) ist genetisch gesehen näher mit den Westrügenschen Bodden (SK/KB) verwandt als mit dem geografisch näheren Peenestrom.
2. Selbst kleine Fließgewässer/Bäche/Gräben (wie Sehrowbach, Neuendorfer Hechtgraben (NHG), oder die Barthe) weisen eigene Teilpopulationen mit einem Mix aus residenten Süßwasserhechten und anadromen Wanderhechten (die in den Bodden leben, aber im Süßwasser laichen) auf, die genetisch nicht zwangsläufig direkt mit dem direkt angrenzenden Bodden verwandt sind und eher „etwas eigenes“ sind. Die in diesen Flüssen laichenden anadromen Hechte sind außerhalb der Laichzeit wahrscheinlich über die gesamten salzhaltigen Bodden verteilt. Zum Beispiel ist die Barthe kein direkter Abzweig des Barther Boddens und der Sehrowbach kein direkter Abzweig des Kubitzer Boddens, obwohl die genannten Zuflüsse in die genannten Bodden münden. Dagegen ist die Ziese ein direkter Abzweig des Peenestroms, was erneut für die Salzanpassungsthese spricht, da der Peenestrom salzärmer als der Greifswalder Bodden ist.
Es gibt drei Hechttypen an den Bodden: 1) Hechte, die ans Laichen im Salz angepasst sind und lebenslang im Brackwasser leben, 2) anadrome Wanderer, die im Süßwasser laichen müssen, aber in den Bodden fressen, und 3) Hechte, die die Barthe oder die Peene, d. h. die Zuflüsse, nie verlassen und als reine Süßwasserhechte gelten. Physiologische Anpassungen an das Laichen und Leben im Brackwasser bestimmen, welcher Hechttyp man ist. Da selbst kleine Nebenbäche genetisch gesehen eigene Teilpopulationen darstellen können, tragen die Hechte darin zur gesamten genetischen Vielfalt der Region bei. Der Schutz dieser teilweise sehr kleinen Populationen ist daher wichtig.
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Ursachenanalyse des Angler-Fischer-Konflikts um die Boddenhechte
Vor ziemlich genau einem Jahr hat die Anlandung eines Hechtfangs eines Fischers in Schaprode durch die Publikation eines entsprechenden Videos in den sozialen und traditionellen Medien zu einer Empörungswelle geführt. Regional und überregional kam es zu hitzigen Diskussionen. Das Video hat den schwelenden Fischer-Angler-Konflikt zutage treten lassen. Doch worin begründet sich der Konflikt? Das haben wir wissenschaftlich analysiert und in der Zeitschrift für Fischerei auf Deutsch und frei zugänglich publiziert.
Hier geht es zur vollständigen Publikation (auf Deutsch) |
Jan Droll, Masterstudent und studentische Hilfskraft bei BODDENHECHT hat erfolgreich seine Abschlussarbeit zur Fischereibiologie der Boddenhechte verteidigt. Darin ging es unter anderem um das Wachstum der Hechte und den Einfluss von Umweltfaktoren auf die Bestandsentwicklung und auf den gegenwärtigen Bestand. Wir gratulieren ganz herzlich zum Master of Fish Biology, Fisheries and Aquaculture an der Humboldt-Universität zu Berlin! Jan hat inzwischen eine Doktorarbeitsstelle in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Jürgen Geist an der TU München angetreten und wird dort zu Flussfischen in Bayern forschen.
Übrigens – die meisten der Eingangsdaten in die bestandskundlichen Analysen in der Masterarbeit von Jan Droll basierten auf den Längenangaben der Fänge, die kooperierende Angelguides und Berufsfischer seit zwei Jahren für das Projekt sammeln. Vielen Dank für die exzellente Zusammenarbeit! Ihr seht: Eure Daten werden wissenschaftlich verwendet und helfen, den Bestand besser einzuschätzen!
Interesse geweckt? Hier geht es zur Masterarbeit (auf Englisch) |
Ökologie und Management von Brackwasserhechten in der Ostsee – Ein Symposiumsbericht, Teil 1
Am 23.11.2021 sowie am 25. und 26.11.2021 fand online per Webinar die erste virtuelle Konferenz zu Ostseehechten statt. Die internationale wissenschaftliche Tagung wurde von Prof. Dr. Robert Arlinghaus und seinem Team vom BODDENHECHT-Projekt am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der Humboldt-Universität zu Berlin in Kooperation mit Dr. Ulf Bergström von der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften und von Prof. Dr. Petter Tibblin von der Linnaeus Universität Schweden organisiert. Über drei halbe Tage wurden auf Englisch insgesamt 33 wissenschaftliche Vorträge gehalten. An der Tagung nahmen neben Wissenschaftler:innen auch Vertretende von Behörden und aus der Angel- und Berufsfischereipraxis teil. Aus nahezu allen Anrainerstaaten der Ostsee mit relevanten Hechtbeständen präsentierten die Vortragenden aktuelle Überblicksarbeiten und neue empirische Studien.
Wir haben in einem Beitrag für die Zeitschrift Fischerei & Fischmarkt in Mecklenburg-Vorpommern (Ausgabe 1/2022) die wesentlichen Ergebnisse der Konferenz auf Deutsch zusammengefasst (Teil 1, Teil 2 folgt in der nächsten Ausgabe).
Hier geht es zum Beitrag (Teil 1) |
Senderhechte geben Wanderstrecken preis
Wir haben in einem Beitrag für die Mitgliederzeitschrift des Landesanglerverband Mecklenburg-Vorpommern e. V. „angeln in M-V“ (Ausgabe 1/2022) erste Ergebnisse zu den Wanderstrecken der besenderten Hechte zusammengefasst.
Es zeigt sich, Hecht ist nicht gleich Hecht. Während einige sich in ihrer vertrauten Umgebung scheinbar ganz wohl fühlen und nicht viel umherschwimmen, haben andere einen hohen Bewegungsdrang und legen Distanzen bis über 50 km zurück, wie sie von Ostseehechten bislang noch nicht bekannt waren. Allgemein gilt aber – auch die Boddenhechte sind im Durchschnitt eher stationär. Sie haben im Durchschnitt einen eng umgrenzten Lebensraum mit einer Dimension von monatlich 0,89 km² und einen erweiterten Homerange von etwa 5,8 km² monatlich. Zum Vergleich – die Bodden sind zusammengenommen 1.200 km² groß, der Bodensee 536 km² und der Müggelsee in Berlin, wo unser Institutssitz ist, 7,4 km².
Hier geht es zum gesamten Beitrag |
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Fischerbefragung und Fischersorgen
Im vergangenen Jahr haben wir eine große Umfrage sowohl unter Anglern, als auch unter Fischern durchgeführt. Im Fischerblatt (Ausgabe 1/2022) ist unsere Antwort zu einem offenen Brief eines Ostseefischers erschienen. Anlass war unsere Fischerbefragung zur betrieblichen Situation und zu Vorschlägen für zukünftige Bewirtschaftungsempfehlungen der Fischbestände an Bodden und Küste, die von einigen Fischern kritisch gesehen wurde. In unserem Brief stellen wir die Hintergründe dar und danken den Fischern und Fischerinnen für ihre Auskunftsbereitschaft. Mit einer Rücklaufquote von fast 40 % war die Befragung ein großer Erfolg. Aktuell verfassen wir dazu sowie zu den Anglerumfragen Auswertungen und Publikationen. Den ganzen Antwortbrief können Sie unter dem folgenden Link nachlesen.
Hier geht es zum Antwortbrief im Fischerblatt |
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BODDENHECHT auf der Fishing Masters Show in Rostock
Nach zwei coronabedingten Verschiebungen fand endlich wieder die „Fishing Masters Show“ statt. Am Wochenende des 21. Und 22. Mai 2022 waren auch wir mit IFishMan und dem BODDENHECHT Projekt im IGA Park Rostock vertreten und zeigten erste Ergebnisse aus den Wanderuntersuchungen besenderter Boddenhechte rund um Rügen und hatten Infomaterialien sowie Fähnchenmarken und Sender zur Fischortung, wie wir sie bei den Hechten verwenden, zum Anschauen und Anfassen dabei. Besonders die noch kleinen Angler und Anglerinnen zeigten großes Interesse. Wesentliche Fragen waren: „Wie kommt der Sender in den Bauch des Hechts?“ und „Wie sieht man, ob das ein Männchen oder Weibchen ist?“.
Trotz des sehr durchwachsenen Wetters besuchten bereits am ersten Tag 5.000 Besucher und Besucherinnen das Angel-Event an der Unterwarnow. „Angler sind wetterfest, Wasser von unten oder oben macht ihnen nichts aus“, betonte die Sprecherin des Landesanglerverbands, Claudia Thürmer, zu Beginn der Veranstaltung. Insgesamt war die Veranstaltung ein Erfolg – wir übten uns in Wissenschaftskommunikation und hatten viele interessante Diskussionen rund um die Boddenhechte. Vielen Dank allen, die vorbeigeschaut haben!
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Neues aus der BODDENHECHT-Arbeitsgruppe
Die BODDENHECHT-Arbeitsgruppe traf sich am 8. März zum 8. Mal – erneut online per Videokonferenz – und konkretisierte gemeinsam das dritte Maßnahmenpaket als Empfehlungen für einen Boddenhecht-Managementplan. Vielen Dank allen Mitgliedern für Eure/Ihre Zuverlässigkeit, Engagement und genommene Zeit.
Details zu den Maßnahmen gibt es, wenn der Managementplan vollständig ist. Wir freuen uns bereits jetzt darauf!
Wer sich über die Arbeit der Arbeitsgruppe informieren oder gerne mitdiskutieren und ausgewählte Meinungen einbringen möchte, kann hierfür gerne die jeweiligen Vertretungen der Akteursgruppen (Fischer, Angler, Guides, Verwaltung etc.) kontaktieren, sodass die jeweiligen Vertreter:innen Ihren/Euren Beitrag beim nächsten Arbeitsgruppen-Treffen miteinbringen und berücksichtigen können.
Die nächsten Treffen der Arbeitsgruppe finden am 18. Oktober und 15. November statt.
Weitere Infos und eine Übersicht aller Mitglieder gibt es hier |
Markierten Hecht gefangen – und jetzt?
Seit Anfang Mai ist die Hechtschonzeit an den Küsten von M-V wieder vorbei, da lohnt es sich unsere Markierungen noch mal ganz genau anzuschauen: Wir haben im Projekt drei verschiedene Arten von markierten Boddenhechten und je nach Art der Markierung unterscheidet es sich, was mit dem Fisch zu tun ist, sollte er an Haken, im Netz oder Reuse landen. Hand aufs Herz, wer blickt da wirklich von vorne bis hinten durch? Da es immer wieder mal Verwirrung bei den unterschiedlichen Marken gab, haben wir einen Handlungsleitfaden mit Schritt-für-Schritt-Anleitung erstellt. Am besten gleich runterladen und auf dem Smartphone speichern, so ist die Handlungshilfe stets dabei. Oder einfach ausdrucken.
Hier gibt es den Leitfaden als PDF zum Runterladen und Ausdrucken |
Neue Gesichter
Wir freuen uns außerordentlich Carlos Corbacho als Praktikanten und Fritz Feldhege als Masteranden im Projekt willkommen zu heißen! Wie die Fotos beweisen, haben Fritz und Carlos ihre Boddenhecht-Fangkünste auch bereits demonstrieren können.
Mein Name ist Carlos Jiménez Corbacho, ich bin Fischbiologe mit Spezialisierung auf Flüsse und Binnenfischerei und habe vor kurzem an der Polytechnischen Universität von Madrid meinen Master in Wasserwirtschaft abgeschlossen. Ich komme aus Ávila, einer kleinen Stadt in Zentralspanien und bin seit meiner Kindheit leidenschaftlicher Angler und Fliegenfischer. Beim Projekt BODDENHECHT habe ich im Rahmen eines Praktikums die Möglichkeit bekommen, mehr über die Hechtbewirtschaftung und -biologie in der Ostsee zu erfahren und zu lernen. Meine Hauptaufgaben sind hier: Unterstützung bei Feldarbeiten, Sammlung und Verwaltung der entsprechenden Daten, Altersbestimmung von Fischen an Hartstrukturen, statistische Analyse der Daten sowie Unterstützung bei der Erstellung wissenschaftlicher Berichte.
Carlos Jiménez Corbacho |
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Hallo, ich bin Fritz Feldhege. Interesse an aquatischen Ökosytemen und insbesondere an Fischen habe ich schon früh entwickelt. Nach dem Abitur habe ich mich dann für das Studium in Umweltwissenschaften entschieden und anschließend im Jahre 2019 den Master in Fish Biology, Fisheries and Aquaculture an der Humboldt-Universität zu Berlin angefangen. In BODDENHECHT werde ich meine Masterarbeit schreiben, wo es um die Abundanzerhebung von Hechten in den Bodden geht.
Fritz Feldhege |
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